KI-Assistenten können lebensrettend sein
Im Intelligent Imaging Lab der Sektion Biomedizinische Bildgebung werden KI-basierte Software-Assistenten entwickelt, die in der Medizin unterstützen sowie die Arbeit erleichtern und verbessern.
Diagnostik, Prognostik, Therapiekontrolle – die Medizin ist einer der Kernbereiche, in dem aktuell die Methoden der Künstlichen Intelligenz weltweit besonders intensiv Anwendung finden. Schleswig-Holstein ist dabei mittendrin in puncto Forschung und Entwicklung. Ein Beispiel dafür ist das Intelligent Imaging Lab der Sektion Biomedizinische Bildgebung in Kiel, kurz i²Lab@SBMI.
Die 2010 gegründete Sektion Biomedizinische Bildgebung innerhalb der Radiologie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) hat sich dem Technologietransfer in die Medizin verschrieben. „Unsere Funktion ist es, zwischen Medizin und Technik zu vermitteln, im Besonderen im Bereich der Bildgebung“, erläutert Prof. Dr. Claus-Christian Glüer, Leiter der Sektion und des i²Labs, „wir haben den Anspruch, die Bedürfnisse, Herausforderungen und geforderten Technologien der Anwender genau zu kennen. Eines unserer konkreten Hauptaugenmerke ist dabei die Entwicklung von KI-basierten Software-Assistenten. Unsere KI-Assistenzsysteme sollen unterstützen, die Qualität der ärztlichen Befunde zu verbessern und die Arbeit erleichtern.“
Claus-Christian Glüer veranschaulicht die Möglichkeiten der KI-Anwendungen am Beispiel des von ihm koordinierten Projekts Künstliche Intelligenz für radiologische Bildgebung in der Notfall- und Intensivmedizin (KI-RAD): „Ziel des Projekts ist es, einen intelligenten Assistenten zu entwickeln, der dabei hilft, wichtige Informationen aus Röntgen- und CT-Bildern zu filtern, die entscheidend für die weitere Versorgung von Patientinnen und Patienten sind, bei einigen Patienten möglicherweise sogar lebensentscheidend.“
Der Anwendungsbereich: Schlaganfall, Frakturen, Röntgenaufnahmen
Hierfür wurden drei kritische Anwendungsbereiche ausgewählt: Schlaganfall, Knochenbrüche und Röntgenaufnahmen. „Kommt ein Patient mit Schlaganfallsymptomen in die Klinik, kann es unterschiedliche Ursachen haben – zum Beispiel eine Blutung oder Verstopfung eines Blutgefäßes im Gehirn. Muss also das Blut gestillt oder im Gegenteil zum Fließen gebracht werden? Mit unserem Assistenten wollen wir zielgerichtet bei der Beantwortung der Frage unterstützen.“
Der zweite Projektbereich betrifft die KI-Unterstützung bei der Analyse von Knochenbrüchen in der Notfallambulanz. „Handelt es sich beim Unfallpatienten um eine weitgehend stabile Fraktur oder um einen kritisch instabilen Bruch, bei dem potenziell Lähmungen drohen?“, so der Professor für Medizinische Physik.
Der dritte Bereich ist am Standort in Lübeck verortet und widmet sich der Auswertung von Röntgenaufnahmen, insbesondere auch auf der Intensivstation. „Hier entwickeln die Kollegen KI-Assistenzsysteme, die zum Beispiel erkennen können, ob Katheter oder Sonden an den richtigen Stellen liegen oder ob sie womöglich verrutscht sind.“ In der Intensivmedizin kann ein intelligenter Röntgenassistent lebensrettend sein, da er schnell Problemsituationen erkennt und damit dafür sorgt, dass möglichst nichts übersehen wird.
Für die Entwicklung der KI-Assistenten werten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Bilder aus der Notfallambulanz und der Intensivstation aus. Um die KI optimal trainieren zu können, benötigt das interdisziplinäre Team aus Wissenschaftlern, Ingenieuren und Technikern vor allem große und qualitativ gute Datensätze. Auch aus diesem Grunde ist das i²Lab weltweit vernetzt und kooperiert zum Beispiel mit Datenbanken und Forschungsteams in San Francisco und Portland (USA) und Reykjavik (Island).
Die Zielgruppe umfasst die Wissenschaft und die Wirtschaft
Die Sektion Biomedizinische Bildgebung wurde für akademische Anwender, aber auch für die Bereitstellung von Bildgebungsdienstleistungen für den privaten Sektor, für biomedizinische Unternehmen in Norddeutschland und darüber hinaus eingerichtet. Mit der Gründung wurde auch das Molecular Imaging North Competence Center (MOIN CC) eingerichtet, in dem ein Park von Bildgebungsgeräten zur Analyse unterschiedlichster Erkrankungen und Organe betrieben wird. Seit 2018 beherbergt das MOIN CC auch eine Außenstelle des Helmholtz-Zentrums Hereon in Geesthacht. Die Außenstelle und das MOIN-Team arbeiten gemeinsam an der Entwicklung und Erprobung innovativer, abbaubarer Implantatmaterialien.
Auch im i²Lab umfasst die Zielgruppe neben der Wissenschaft ebenso die Wirtschaft. „So arbeiten wir im Projekt KI-RAD auch mit zwei Unternehmen zusammen. Wir nutzen verschiedene KI-Modelle, die sehr unterschiedlich eingesetzt werden können“, sagt Claus-Christian Glüer, „im Austausch mit den Unternehmen prüfen wir gemeinsam, welches KI-Modell für den individuellen Anwendungsfall das Beste ist.“
Derzeit umfasst die Arbeit im i²Lab sieben Projekte in unterschiedlichen Bereichen, die jeweils für zwei bis drei Jahre angelegt sind. Der Labor-Leiter und sein Team sind offen für den Austausch und die Zusammenarbeit im Netzwerk des KI-Transfer-Hub SH mit den Unternehmen in Schleswig-Holstein. „Die KI-Entwicklung im Land ist grundsätzlich sehr erfreulich“, fasst Claus-Christian Glüer zusammen, „tolle Projekte, erkennbare Schwerpunkte und ein funktionierendes Netzwerk - hier ist im Bereich der Zukunftstechnologien viel in Bewegung.“
i²Lab@SBMI
Am Botanischen Garten 14
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