KI für eine smarte, faire und nachhaltige Energieversorgung
Der KI-Transfer-Hub SH begleitete clarifydata bei ihrem Projekt „Identifikation von Objekten mit fehlender Abrechnung im Kontext der Energiewende“
Strom, Wärme, Wasser verbrauchen und dafür den vereinbarten Betrag bezahlen. Für die meisten Verbraucher ist dies selbstverständlicher Alltag. Aber was ist, wenn Stadtwerke nicht den Verbrauch aller Kunden abrechnen, sie dadurch Umsätze verlieren und der einzelne Verbraucher indirekt mehr bezahlen muss? Diesem Phänomen will das Softwareunternehmen clarifydata mithilfe von Energieversorgern und Methoden der Künstlichen Intelligenz auf den Grund gehen. Begleitet wurde das Kieler Unternehmen dabei vom KI-Transfer-Hub SH.
„Erstmalig wurde die Problemstellung von einem regionalen Stadtwerk in Ostholstein auf uns zugetragen“, erinnert sich Michael Hartke, CEO von clarifydata. Der Unternehmensgründer mobilisierte sein Netzwerk und sprach mit mehreren Stadtwerken, die diesen Sachverhalt im Kern bestätigten: „in aufwändigen Untersuchungen wurden bis zu zehn Prozent Kunden entdeckt, die verloren gegangen sind, oder es tauchten pro Jahr über 100 neue Kunden auf, deren Objekte zuvor nicht identifiziert wurden.“
Die Ursachen sind vielfältig und reichen von menschlichem Fehlverhalten bis zu Fehlern bei der Systemmigrationen. Aus Sicht von Michael Hartke geht es auch weniger um die Fälle von kriminellem Verhalten oder „Wildbauanlagen“. Der IT-Fachmann nennt dagegen klassische Beispiele: „Wenn ein Stadtwerk sein Management-System wechselt, gehen bei nahezu jeder Migration Daten verloren. Jemand löscht zum Beispiel versehentlich Daten oder es gibt einen Übertragungsfehler. Ebenso kommt es vor, dass ein Mitarbeiter Zähler austauscht, den alten Zähler löscht, aber den neuen nicht einträgt.“
Zusammengefasst: Wo gearbeitet wird, passieren Fehler. Für clarifydata bedeutet dieses Problem eine Chance. Das Unternehmen tritt an, um diese Objekte und Zähler automatisiert durch den Einsatz ihrer Künstlicher Intelligenz zu finden.
Die KI wird in der Lage sein, rote Punkte im Stadtnetz zu finden
Michael Hartke erläutert die Idee, wie fehlende Zähler mithilfe von KI-Methoden detektiert werden können: „Ein durchschnittliches Stadtwerk hat ein Strom-, Gas-, Fernwärm-, Wasser-, Abwasser- und zum Teil noch ein Abfallnetz. Im ersten Schritt gleichen wir alle Systeme eines Unternehmens ab. Die einzelnen Zähler in den jeweiligen Netzen agieren alle untereinander. Man weiß also zum Beispiel, wie groß die Mülltonnen sind, wieviel Abwasser und Frischwasser durch die Leitungen geht und wie viele Zähler pro Objekt existieren. Ein höherer Stromverbrauch bedeutet meist auch einen höheren Wärmeverbrauch.“
Nach der Bestandsanalyse folgt die Prognose: „Im zweiten Schritt geht es darum, ein Prognosemodell zu haben, welches möglichst für jede Adresse sagt, wie viele Zähler von welchem Typ da sein müssten und welche Unterschiede es gibt. Das bekommen wir über Trainingsdaten hin. Wir trainieren eine KI, die in der Lage sein wird, rote Punkte in einem Stadtnetz zu finden und dann im übertragenen Sinne sagt, dass dort einmal ein Mitarbeiter hingehen muss.“
Derzeit versuchen die meisten Stadtwerke, diese roten Punkte manuell zu finden und zum Beispiel mit Excel-Listen abzugleichen. Die wenigsten setzen sich selbst intern mit KI auseinander oder haben eine eigene KI-Abteilung. Gerade deshalb bedarf es dedizierter Experten auf dem Gebiet, um dieses Problem zu lösen. clarifydata hat das Machine Learning Know-how sowie das Domänenwissen im Bereich der Stadtwerke und Energieversorger, um dieses Problem zu lösen. Hinzu kommt ein Vertrauensverhältnis zu den langjährigen Kunden, wodurch das Team Zugang zu den wichtigen Trainingsdaten für die KI erhält.
„Um Trainingsdaten zu erstellen, nehmen wir den Ausgangszustand, den Optimalzustand, und löschen einzelne Zähler – das machen wir milliardenfach. Dadurch lernt der Machine Learning Algorithmus, den einen Gaszähler zu finden. Hier geht es um das Zusammenspiel von vielen Einzelfaktoren in Kombinationen mit anderen Daten wie Adressdaten oder Satellitenbilder. Dafür braucht es eine KI, denn klassische Statistik stößt hier an ihre Grenzen.
Mit KI-Know-how und guter Begleitung zum Förderantrag
Mit der Projektidee suchte Michael Hartke den Austausch mit dem KI-Transfer-Hub SH, um das Thema zu vertiefen und realisieren zu können. „Die Gespräche waren von Beginn an sehr positiv und konstruktiv“, fasst Andreas Hennig, Projektleiter des KI-Transfer-Hub SH zusammen, „clarifydata hatte die Projektidee bereits professionell ausgefeilt. Hinzu kommen KI-Expertise, Wachstumspotenzial und Aspekte der Nachhaltigkeit im Projekt – ein Paradebeispiel, bei dem die KI-Richtlinie für eine Förderung optimal greifen kann.“
„Bei einer Projektskizze gibt es keine konkrete Form oder Checkliste, da hilft Unterstützung sehr“, ergänzt Michael Hartke, „wir hatten mit dem KI-Transfer-Hub SH ein sehr gutes Sparring zu den KI-Zielen des Landes, was überhaupt förderfähige Themen sind, und konnten so eher unwichtigere Bereiche aussieben. Das eine ist die KI-Richtlinie zu lesen, das andere ist die Richtlinie zu verstehen und zu durchdringen. Für die Ausarbeitung der Projektskizze und des anschließenden Antrages war die Zusammenarbeit sehr hilfreich.“
Und erfolgreich! Das Projekt „Identifikation von Objekten mit fehlender Abrechnung im Kontext der Energiewende“ wird mit Landesmitteln (Artikel zur Förderbescheidübergabe) gefördert. „Es ist in erster Linie eine Art Forschungsprojekt“, erläutert Michael Hartke, „aber wenn es wirklich funktioniert, kann es gewaltig skalieren. Denn jeder gefundene Zähler entspricht mehrere tausend Euro Umsatz für ein Stadtwerk. Es gibt Fälle von mittleren Stadtwerken, bei denen nach einer Analyse durchaus 300 Zähler aufgetaucht sind.“
Das Problem von verschwundenen Zählern ist zudem international und nicht nur ein deutsches Phänomen. Mehr noch: Dieses Projekt leistet einen Beitrag für ein nachhaltiges, smartes Netz. „Außerdem spielt der soziale Gedanke eine wichtige Rolle“, ergänzt Michael Hartke. „Verbraucher müssen dann die Energie derjenigen, die keinen Zähler haben, nicht mehr mitbezahlen. Das ist richtig und fair.“
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