"Wir zünden den Datenturbo!"
Die Veranstaltung „Taten durch Daten“ auf der Digitalen Woche Kiel verdeutlichte am 15.09. aus vier verschiedenen Blickwinkeln den Wert von Daten für Verwaltung, Wirtschaft und Bildung und welche Rolle KI dabei spielen kann.
„KI ist ein wesentlicher Innovationstreiber“, sagte Dirk Schrödter, Chef der Staatskanzlei, im Interview mit Moderator Jörg Nickel zu Beginn des ersten Panels, „wir haben erkannt, dass wir durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz Wertschöpfungspotenziale heben und dadurch Arbeitsplätze generieren können.“ Daten und deren effektive, qualitative Nutzung im öffentlichen wie im privaten Bereich seien dabei der Rohstoff für KI-Anwendungen.
Dr. Eva-Charlotte Proll vom Behörden Spiegel ergänzte live zugeschaltet, dass Schleswig-Holstein zum Beispiel im Bereich der Open Data Plattformen bereits auf einem guten Wege sei. Prof. Moreen Heine von der Universität Lübeck brachte den Besuchern vor Ort und per Live Stream die Arbeit des Joint Innovation Labs näher: Verwaltung, Wissenschaft und Wirtschaft arbeiten dort gemeinsam daran, dass die digitalen Möglichkeiten auch in der Verwaltung Anwendung finden. Beispiele dafür sind Haushaltsdaten, Anomalien in der Haushaltsaufstellung oder auch Zukunftsprognosen. „Mit der effektiven Datennutzung können wir in der Verwaltung besser und schneller Entscheidungen treffen“, ergänzte Dirk Schrödter, „es müsse allgemein das Bewusstsein für die Sinnhaftigkeit der Aufgaben geschärft werden und ein Verständnis dafür, dass es sich lohnt, Daten zu nutzen.
Die große Stärke der KI: Zusammenhänge klar und frühzeitig erkennen
Das zweite Panel der insgesamt 90-minütigen hybriden Veranstaltung setzte den Fokus auf „Data[port]ai – Basis einer smarten Verwaltung aus dem Norden für den Norden“. Nikolai Wilckens, Leitung Künstliche Intelligenz beim IT-Dienstleister Dataport, berichtete vom Aufbau einer Datenplattform und vom Pilotprojekt, welches verdeutlichen soll, was datenrelevantes Verwaltungshandeln für Vorteile bietet. Linda Flöthe von der Höhn Consulting GmbH, skizzierte den strukturellen Ansatz im Zuge einer Digitalisierung der Verwaltung: „Wir ermitteln, welche Daten überhaupt genutzt und benötigt werden, um daraus Anwendungsfälle zu entwickeln."
„Besonders in den Kommunen sind Mitarbeitende während der Corona-Pandemie zum Teil mit Koffern voller Akten ins Homeoffice gegangen“, sagte Florian Jotzo aus dem Innenministerium, „hier besteht ein hohes Bedürfnis nach digitalem Fortschritt.“ Gleichzeitig gehe es darum, etwas Eigenes aufzubauen, um unabhängig zu bleiben und zu gewährleisten, dass sensible Daten die eigenen digitalen Räume nicht verlassen: „Wir steuern den kompletten Datenfluss souverän.“ Die große Stärke der KI sei die Fähigkeit, die gewaltigen Informationsmengen zu bewältigen und Zusammenhänge klar und frühzeitig zu erkennen.
Kleine und mittlere Unternehmen auf dem Weg zur KI begleiten
Der KI-Transfer-Hub Schleswig-Holstein ist seit gut einem Jahr eine zentrale Anlaufstelle, um insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen in Schleswig-Holstein zu unterstützen, Künstliche Intelligenz in die Anwendung zu bringen. Entstanden ist das öffentlich geförderte, neue Ökosystem der Künstlichen Intelligenz im Zuge der KI-Strategie der Landesregierung. „In Workshops und Unternehmensgesprächen tauchte immer wieder die Frage auf, wie die eigenen Daten am besten genutzt werden könnten“, erläuterte Andreas Hennig, Projektleiter des KI-Transfer-Hub SH. Verstecken – Öffnen – Teilen: Was tun mit dem Datenschatz lautete daher das Thema des dritten Panels. Nachdem Andreas Hennig, das Netzwerk aus Wissenschaft und Wirtschaft und dessen Ziele kurz vorstellte, leitete Moderatorin Regine Schlicht, Leiterin des M4KK, in die Diskussion über.
Vertreter aus Wirtschaft und Wissenschaft diskutieren dabei den Wert der Daten sowie Chancen und Risiken des Datenaustausches. Prof. Dr. Horst Hellbrück von der TH Lübeck, verglich die Daten eines Unternehmens mit der Schatzkiste auf einem Dachboden, die erst hervorgehoben und entstaubt und für deren Nutzung eine Infrastruktur bereitgestellt werden müsse. Thomas Stahl, CTO und Leiter des KI-Labors bei der b+m Informatik AG, hob hervor, dass sich in Unternehmen vielfach die Prozesse ändern müssten und auf der strategischen Ebene begonnen werden sollte. „Welche Projekte kommen für das jeweilige Unternehmen überhaupt infrage?“ KI-Projekte hätten immer auch einen experimentellen Charakter, man wisse zunächst nicht, wie der Schatz eigentlich aussieht. Aber es gibt ihn für die Unternehmen.
Jann Wendt, CEO von north.io – der ehemaligen EGEOS GmbH, entwickelt im Kieler Unternehmen webbasierte, umweltrelevante Software. Aktuelles Aushängeschild ist der Themenbereich Munition im Meer. Hier hat north.io bis heute rund 250.000 historische Dokumente mithilfe von KI-Algorithmen aufbereitet. Für die Arbeit und die KI-Entwicklung sind freizugänglich Open Data Plattformen essenziell. Standardisierungen auf dem Gebiet führen dazu, dass man Datenschätze überhaupt heben kann. Aus seinen Erfahrungen heraus empfahl er Unternehmen, zunächst zu ermitteln: „Habe ich einen Business Case, bei dem mir KI helfen kann? Wenn ich ihn habe, sollte ich als Unternehmen bereit sein, in eine saubere Datenstruktur zu investieren.“
Auch hier ist der KI-Transfer-Hub ein neutraler Begleiter von Beginn an. „Der Dialogprozess ist auf dem möglichen Weg zur KI wichtig“, sagte Horst Hellbrück, „dieser kann von der ersten Idee bis zur Anwendung und Wertschöpfung auch etwas länger dauern. Da braucht man manchmal einen langen Atem.“ Häufig haben Unternehmen Sorgen, sie könnten die Kontrolle über sensible Daten verlieren. Auch dafür gibt es Lösungen, weiß Thomas Stahl: „Man kann zum Beispiel mathematische Verfahren anwenden. Bei dieser Art der Transformation, anders als bei der Verschlüsselung, ist es unmöglich für Externe, die Daten zurück zu transformieren. Aber man kann im KI-Labor damit arbeiten und zum Beispiel Machine Learning anwenden.“
KI kann effektiv in der Bildung eingesetzt werden
Nicht nur in der Verwaltung und der Wirtschaft, sondern auch im Bildungsbereich können gut und sorgsam genutzte Daten einen wichtigen Beitrag leisten. So lautete der Titel des abschließenden Panels: „Schneller, einfacher, besser – Lernen in Zeiten von KI“. Eine wichtige Erkenntnis steckte bereits im Untertitel: Künstliche Intelligenz definiert das Lernen neu und schafft bessere Lernergebnisse. „KI kann effektiv in der Bildung eingesetzt werden und Zusammenhänge erkennen“, sagte Andreas Techen aus dem Bildungsministerium. Philip Heimes, Chief Technology Officer bei Innovation Natives, nannte als Beispiel den Bereich Learning Analytics: „Wir müssen erfassen, wie ein Kind mit den Materialien im digitalen Klassenzimmer umgeht. Diese Erkenntnisse sind wichtig für Lehrerinnen und Lehrer, um herauszufinden, ob sie die Kinder fachlich erreichen. Nichts schlägt den Präsenzunterricht, aber die Lehrenden können digital eine enorme Unterstützung erhalten.“ Auch bei den Hochschulen kommen laut Andreas Teches die einzelnen Fachdisziplinen früher oder später nicht ohne KI-Daten aus. Beispiele seien die Digitalisierung von historischen Handschriften oder die Möglichkeiten, mithilfe von KI Texte zu schreiben.
Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft – die Gäste von „Taten durch Daten“ veranschaulichten durch ihre Praxisbeispiele, Projekte und Erkenntnisse den Wert und die Chancen von Daten. „Wir müssen die Datenschätze im öffentlichen wie privaten Bereich verfügbar machen und eine Kultur des Datenteilens schaffen, um Mehrwerte zu generieren und noch bessere Ergebnisse zu erzielen“, fasste Dirk Schrödter zusammen, "daran arbeiten wir intensiv, um den Datenturbo in Schleswig-Holstein zu zünden.“