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Akademisches Schreiben im Zeitalter Künstlicher Intelligenz

Der KI-Transfer-Hub SH hat die FH Kiel beim erfolgreichem Förderantrag für eine Pilotstudie zum KI-gestützten Schreiben begleitet.

Prof. Dr. Doris Weßels

Wie sehr werden KI-Agenten wissenschaftliche Arbeiten an Hochschulen verändern? Was ist bereits vorhanden? Und wie sollte die Wissenschaft damit umgehen? Diese und weitere Fragen hatte Doris Weßels bereits auf der ersten KI-Konferenz in Schleswig-Holstein 2018 thematisiert und dabei mögliche Szenarien beschrieben: „Wer Zugriff auf mächtige Sprachmodelle hat, verkörpert sehr viel Macht und kann diese positiv wie negativ einsetzen. Dies sprengt die Vorstellungskraft vieler Menschen in der Gesellschaft und in der Wissenschaft. In meinen Vorträgen waren einige geschockt, welche Welle da auf sie zurollt.“

Ihr selbst erging es nicht anders: „Je tiefer man einsteigt, desto mehr Fragen hat man.. Das Thema hat mich von Anfang an aufgewühlt und mir Faszination und Schrecken gleichermaßen beschert.“ Schon heute ist vieles bereits mit niedrigschwelligen, frei zugänglichen Tools möglich, ein großer IT-Fachverstand ist nicht notwendig. Als Beispiel nennt Doris Weßels das frei zugängliche Tool Text Synth eines französischen Mathematikers: „Ich muss dort nur einen Texteinstieg eingeben. Ein Klick und ich sehe auf dem Bildschirm, wie sich mein Text Schritt für Schritt fortsetzt. Ich bin in einem Live-Prozess der Entstehung eines Unikates. Eine Art schöpferischer Akt, bei dem ich Zeugin bin. Es entsteht ein Text, der mir gefällt, oder auch missfällt, vielleicht sogar irritiert und mich zum Widerspruch einlädt.“

Diese Entwicklung ist für Doris Weßels disruptiv, weil sie vieles infrage stellt: Ist es zum Beispiel überhaupt sinnvoll, dass lange Hausarbeiten oder Literaturanalysen geschrieben werden müssen? „Wir stellen uns grundlegende Sinnfragen. Diese sind aber zielführend und hilfreich, wenn wir im Bildungsbereich über Future Skills nachdenken. Wir müssen stärker reflektieren, das Heft des Handelns in die Hand nehmen und nicht wegsehen wollen, sondern uns den neuen Entwicklungen zuwenden – wohlwissend, dass wir auf die meisten Fragen noch keine finalen Antworten haben.“ 

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Der Mensch beginnt, der Algorithmus fährt fort: Das frei zugängliche Tool TextSync ist ein einfaches Beispiel für KI-gestütztes Schreiben.

Die Positiv-Negativ-Liste der Nutzung von derartigen Plattformen ist laut der Wissenschaftlerin auf beiden Seiten recht lang: „Positiv ist zum Beispiel der Produktivitätsgewinn. Speziell im Marketing müssen immer wieder schnell neue Texte formuliert werden, das kostet Zeit und Mühe. Mit diesen Werkzeugen ist man deutlich schneller und hat eine stärkere Variation. Ich kann aber auch Kreativitätsgewinne erzielen und Schreibblockaden lösen. Ich habe die Möglichkeit, nach Eingabe einer kurzen Textsequenz, ein paar Sätze fortführen zu lassen, was mich dann wieder auf neue Ideen bringt. Dieser spielerische Zugang hat im Bildungsbereich großes Potenzial.“ 

Die negativen Aspekte liegen ebenfalls auf der Hand – Manipulation, Täuschung, Plagiate bis hin zu inflationärer Textproduktion per Knopfdruck. „Außerdem werden durch die Werkzeuge manche Berufsbranchen gefährdet“, ergänzt Doris Weßels, „zudem besteht die Gefahr, dass die Individualität der Sprache verlorengeht und es einen Hang zu Standardisierungen gibt.“

Ihr Wunsch zum Abschluss des Projektes? „Ein konstruktiv kritischer Umgang mit Prüfungsmethoden und Techniken für den Bildungsbereich. Wie kennzeichne ich was? Welche Art von Prüfung macht Sinn und welche nicht? Wir brauchen auf Dauer rund um die Kennzeichnung der Texte ein anderes Rechtssystem und ein gesellschaftliches Commitment, wie wir damit umgehen.“

FH Kiel
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